Das Bundesamt für Gesundeit (BAG) schätzt, dass rund 200.000 Schweizerinnen und Schweizer regelmässig Cannabis konsumieren. Die Hälfte davon nutzt Cannabis jedoch nicht als Droge, sondern aus therapeutischen Gründen – beispielsweise bei Schlafstörungen, ADHS, Depression und Schmerzen. Doch aufgrund der noch immer sehr strengen Cannabispolitik (nicht nur in der Schweiz), besorgen sich viele Konsumenten das “Kraut” auf illegalem Wege. Nur wenige tausend Personen in der Schweiz haben eine Ausnahmebewilligung vom BAG, die es ihnen erlaubt, Cannabis zu konsumieren, ohne Angst vor einer Strafverfolgung haben zu müssen.
Die Rechtslage in der Schweiz
Grundlegend gilt Cannabis hierzulande als verbotenes Betäubungsmittel. Hanfsorten, bei denen der THC-Gehalt (THC ist das primär berauschende Cannabinoid der Hanfpflanze) unter 1 % liegt, sind nicht verboten.
Für alle anderen Sorten gilt: Sowohl der Anbau (zu nicht-medizinischen Zwecken) als auch der Handel und Konsum sind prinzipiell strafbar. Nicht bestraft werden hingegen Personen, die eine “geringfügige Menge” (maximal 10 g) besitzen oder diese gerade zum Konsum vorbereiten.
Medizinische Präparate auf Cannabisbasis teilweise erlaubt
Arzneimittel, die Cannabiswirkstoffe enthalten, sind ggfs. erlaubt. Massgeblich für die Erlaubnis ist, dass ein Arzt oder eine Ärztin das Medikament verschreibt und dieses durch eine Apotheke hergestellt wird. Ausserdem benötigen Patientinnen und Patienten eine Ausnahmebewilligung vom Bundesamt für Gesundheit.
Die Ausnahmebewilligung ist auf 12 Monate begrenzt und muss nach Ablauf erneut beantragt werden. Sowohl Erstbeantragung als auch Verlängerung sind für gewöhnlich mit einem hohen administrativen Aufwand verbunden. Das BAG erteilt solche Bewilligungen meist nur bei schwerkranken und austherapierten Personen.
Hinweis: Bei Spastiken wie sie aufgrund schwerer Verläufe von Multipler Sklerose entstehen, dürfen Betroffene Cannabis-Medikamente wie Sativex® auch ohne Ausnahmebewilligung beziehen.
Medizinal Cannabis: Zahlt die Krankenkasse?
Selbst mit Ausnahmebewilligung des BAG übernehmen die Krankenkassen die Kosten für eine Behandlung mit Cannabis-Präparaten in den seltensten Fällen. Sogar bei schweren Spastiken bei MS fordern die Versicherungen eine Probetherapie, die vom Patienten bzw. der Patientin selber zu zahlen ist. Häufig scheitert die Therapie an dieser finanziellen Hürde.
Nach einer erfolgreichen Probetherapie kann eine Kostenübernahme bei der Krankenversicherung beantragt werden. Allerdings sind die Chancen auch hier relativ gering. Nur in seltenen Ausnahmefällen erfolgt die Kostenübernahme nach Rücksprache mit dem Vertrauensarzt. Etwas höher stehen die Chancen mit einer entsprechenden Zusatzversicherung. Eine Garantie gibt es allerdings nicht.
Die medizinische Anwendung von Cannabis bzw. Medikamenten auf Cannabis-Basis ist noch nicht ausreichend erforscht. Jedenfalls fehlen langfristige Studien, die eine Wirksamkeit bei verschiedenen Krankheiten lückenlos belegen. Weil ein solcher Nachweis fehlt, gibt es bislang wenige bis keine Cannabismedikamente, die von der Behörde Swissmedic zugelassen sind und entsprechend von den Schweizer Krankenkassen vergütet werden.
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Wie wirkt (medizinisches) Cannabis?
Bis heute hat man die Wirkung von Cannabinoiden noch nicht abschliessend klären können. Und das, obwohl Cannabis bereits seit den 1940er Jahren wissenschaftlich untersucht wird.
Gesichert ist, dass die Cannabinoide, also die Hauptwirkstoffe der Cannabispflanze, an den Rezeptoren des körpereigenen Endocannabinoidsystems andocken. Bislang sind lediglich zwei Rezeptortypen bekannt:
- der Rezeptor CB1 und
- der Rezeptor CB2.
Während sich der CB1 Rezeptor vornehmlich im Gehirn wiederfindet und dort Emotionen, Wahrnehmung, aber auch Motivation und Gedächtnis steuert, kommt der CB2 Rezeptor im gesamten menschlichen Körper vor (z. B. im Herz, den Muskeln, der Haut und dem Magen-Darm-Trakt). Cannabinoide wirken demnach an sehr vielen verschiedenen Stellen auf verschiedene Arten und Weisen. Sie regulieren Entzündungsprozesse im Körper, steuern das Immunsystem und beeinflussen Emotionen.
Potentielle Einsatzbereiche von medizinischem Cannabis:
- Übelkeit
- Schmerzen
- Epilepsie
- Depressionen
- Angststörungen
- ADHS
- Krebserkrankungen
- Schlafstörungen
- Schizophrenie
- Multiple Sklerose
- Spastiken
- Rheuma
- Arthrose
Mögliche Wirkungen und Nebenwirkungen:
- sedierend
- appetitanregend
- angstlösend
- schmerzlindernd
- entzündungshemmend
- antipsychotisch
- Euphorie
- Mundtrockenheit
- Müdigkeit
- veränderte Zeitwahrnehmung
- Blutdruckabfall
Rechtslage Schweiz: Was ist mit CBD?
Insgesamt kennt die Wissenschaft 113 verschiedene in der Pflanze Cannabis sativa vorkommende Cannabinoide. THC und CBD sind die bekanntesten Vertreter. Während THC (Tetrahydrocannabinol) nicht nur eine therapeutische, sondern ausserdem berauschende (psychoaktive) Wirkung besitzt, fehlt diese bei anderen Cannabinoiden wie beispielsweise dem CBD (Abkürzung für “Cannabidiol”). Alle anderen Cannabinoide sind relativ schwer zu isolieren und demnach kaum bis gar nicht bekannt / erforscht. Beeinflusst wird der menschliche Körper wahrscheinlich am deutlichsten durch das Zusammenspiel verschiedener Cannabinoide.
Gemäss der teilweisen Novellierung des Betäubungsmittelgesetzes (BetmG) im Jahr 2011 dürfen Cannabissorten, die einen THC-Gehalt von weniger als einem Prozent aufweisen, ohne Rezept konsumiert werden. Auch Zubereitungen (Öle, Tropfen etc.) aus solchen Hanfsorten fallen nicht unter das Betäubungsmittelrecht.
Eine direkte Wirksamkeit von CBD ist nicht wissenschaftlich nachgewiesen. Erfahrungen lassen jedoch ebenfalls eine entzündungshemmende, beruhigende und krampflösende Wirkung vermuten.
Cannabis, Marihuana und Co: alles das Gleiche?
Der Begriff “Cannabis” ist der lateinische Ausdruck für “Hanf”, eine der ältesten Nutz- und Zierpflanzen, die der Mensch kennt. Als “Marihuana” versteht man hingegen die getrockneten Blüten der weiblichen Hanfpflanze (Cannabis sativa). In diesen Blüten befindet sich der Grossteil des Cannabis-Harzes, welches die Cannabinoide THC, CBD (und andere) enthält. Das gepresste Harz der Blüten bezeichnet man als “Haschisch”.
Sativex®: Was ist das?
Das von GW Pharmaceuticals entwickelte Medikament Sativex® ist das aktuell einzige, in der Schweiz heilmittelrechtlich zugelassene Arzneimittel auf Cannabis-Basis. Das Präparat darf OHNE Ausnahmebewilligung des BAG (nur im Falle von Spastiken aufgrund von Multipler Sklerose) von Ärzten verschrieben werden. Dennoch müssen die Krankenkassen (vor allem in der Grundversicherung) nicht für die Kosten des Medikaments aufkommen.
Das Mittel (ein Mundspray) enthält einen Cannabisextrat aus den Blüten und Blättern der Pflanze. Die primären Wirkstoffe sind damit Tetrahydrocannabinol (THC) und Cannabidiol (CBD).
THC
THC dockt sowohl an den CB1 Rezeptor als auch an den CB2 Rezeptor an. Das Wirkungsspektrum ist entsprechend breit und erstreckt sich von Schmerzlinderung über die Linderung von Übelkeit, Brechreiz und Krämpfen bis hin zur Verminderung von Ängsten. Durch die psychoaktive Wirkung im Gehirn kann es zu einer veränderten Wahrnehmung kommen.
CBD
CBD wirkt vor allem als Hemmstoff. Das bedeutet: Der Abbau – zum Beispiel von körpereigenen Stoffen, die an die Cannabinoid-Rezeptoren andocken – wird durch CBD gehemmt. In der Medizin (z. B. bei dem Medikament Sativex®) werden CBD und THC daher kombiniert.
Quellen und Verweise:
- https://www.fedlex.admin.ch/eli/cc/1952/241_241_245/de#a19
- https://www.bag.admin.ch/bag/de/home/medizin-und-forschung/heilmittel/med-anwend-cannabis.html
- https://www.kssg.ch/system/files/media_document/2018-12/FAQ.Cannabis%20neu.pdf
- https://www.praxis-suchtmedizin.ch/praxis-suchtmedizin/index.php/de/cannabis/cannabinoide-in-der-medizin